Diary

Posts getaggt mit micro-moments
mia‘s hot new year morning

2024, january 8

inside my novel

mia sitzt in sydney in der hitze des neuen jahres, und ihre sternenlichter tanzen an der decke, werfen wasserähnliche reflexionen, und draußen rastet der dschungelgarten vor lauter grünhaut aus. ihre katze breitet sich auf ihrem schoß aus, bringt ihre tastatur zum wackeln. durchs fenster sieht mia, wie die menschen durch die morgenhitze waten, und die intensive australische sonne blitzt in ihr wohnzimmer, wenn die autos vorbeifahren und das sonnenlicht in schnellen flashes durch ihre fenster wirft. es ist erst sieben uhr morgens, und sie nippt heißen kaffee aus ihrer winzigen tasse aus saigon. die freshness ihrer vorherigen dusche prickelt noch auf ihrer haut, und ihr pyjama ist frisch und neu. sie trägt ihr black history shirt mit der aboriginal-flagge. auf ihrem screen schlägt eine zoom-verbindung brücken zu ihrer freundin in berlin, und ihre freundin ist eingehüllt in die winterliche gemütlichkeit ihres berliner zimmers. draußen ist es dunkel und verschneit, und die berliner winterkälte gibt ihr eine abkühlung, als ob die kälte durch den bildschirm strahlt und ihr eine kleine atempause vom australischen sommer gibt. ihre gedanken fließen schnell. während sie tippt, sieht sie ihr spiegelbild im dunklen fernsehbildschirm und sieht dort, wie ihre hände ganz flink über die tasten fliegen. sie fühlt noch die reste ihrer neulichen krankheit in ihrem körper wohnen, und unter dem layer der geduschten freshness spürt sie noch die lethargie der vergangenen tage. während sie tippt, schwitzt sie die letzten reste ihrer krankheit aus, und ihr geist raucht in dreamscapes ein. ihr sydney montagmorgen verbindet sich mit dem berliner sonntagabend ihrer freundin.

confidently clumsy coconut tree

2023, december 5, cammeraygal (sydney)

ich laufe durch die morgenhitze zum arzt. später lege ich mich ins ozeanfarbene bett und ziehe eine schlafmaske auf, das fühlt sich wellness an. nachmittags gehe ich zwischen riesigen palmen am kleinen hafen flanieren. eine palme ist ganz klein und hat keinen schlanken stamm wie die andern, sondern ist vollkommen in eine art blätterfell eingekleidet, sie sieht aus, als ob sie einen wintermantel an hat. gedrungen und eingemummelt ist sie, clumsy but confident. die sonne cremt meine haut ein. abends lasse ich mich in den sessel in meinem coachingatelier fallen und mein tunis towel leuchtet pink neben mir. zu feierabend um mitternacht schleiche ich mich ins treppenhaus und lege den neighbors nikolaus-schoki vor die tür. danach lese ich im dunkeln und grusel mich und esse pasta und trinke rotwein und mein coachingmarathon sitzt mir befriedigend in den knochen.

Katti Jisukmicro-moments
flickering fleeting flame

2023, november 30, cammeraygal (sydney)

ein schatten von einer kokospalme flackert an der tür, umgeben von sanftem weiß-gelben licht, und verschwindet dann schnell wieder. ich frage mich, warum diese subtil spektakulären lichtspiele so flüchtig sind. dann merke ich, dass es die autos draußen sind, die diese blendend hellen reflexionen werfen. mein zuhause, umgeben von palmen, jacarandas und paperbarks, fängt diese momente für eine mikro-sekunde ein.

die flüchtigkeit erinnert mich an den kleinen leuchtend roten flame angelfish in hawaii. unser divemaster meinte, dass der moment, in dem unser auge diesen fisch einfängt, er auch schon wieder verschwinden wird. er meinte, wir sollten den seltenen anblick einfach für eine sekunde genießen, anstatt ihn unseren co-divers zu zeigen, weil wir sonst selbst den moment verpassen könnten.

die extreme flüchtigkeit des flame angelfish und des flackernden palmen-schattens zwingen mich, die mikro-sekunde einzusaugen, statt zu versuchen, sie festzuhalten, zu teilen oder zu verlängern.

Katti Jisukmicro-moments
walk for yes

2023, september 17, gadigal (sydney)

der tag glüht. das hier soll eigentlich erst frühling sein, aber die luft brennt ohne ende. wir laufen vom redfern park zum victoria park und der asphalt unter uns knallt uns eine erbarmungslose hitze entgegen. die straßen sind voll mit bannern und yes-schildern. vor mir läuft eine frau mit einem weißen sonnenschirm, der mit lauter handgeschriebenen schildern behangen ist, auf denen steht: „bei mir gibt‘s sonnencreme. bei mir gibt‘s masken“, eine kleine oase der fürsorge. wir laufen immer weiter und alle paar meter rauchen freiwillige in neonwesten auf, die kleine sprühflaschen hochhalten, damit du dir wasser ins gesicht sprühen lassen kannst, wenn du willst. ein kleiner refresher in dieser glühenden hitze. als wir im victoria park ankommen, weisen uns ein paar guides den weg zu einer wasserbar. da wird wasser in kleinen bechern verteilt, wie tequila-shots auf einer party. collective heat management at its best. alle zahnräder greifen ineinander.

Katti Jisukmicro-moments
shanty in redfern

2023, september 11, gadigal (sydney)

shanty bar night in redfern. requisiten an der decke, ein rosa telefon, ein winziger kickertisch, eine art retro spielzeugauto, eine aboriginal flagge. die luft rot vom gedimmten barlicht, die menge ein tiefer, tiefer a-cappella-chor, singt und brummt. es riecht nach vorpandemie, nach fröhlich unschuldigen aerosolen. frisches, kühles bier in meinem mund, außer rand und band energy heiß in meinen schultern. später schickt mir m. eine sms: du sahst glücklich aus wie ein kind.

layover in saigon

2023, july, 27, saigon/ho chi minh city

die luft hier cremt mich ein wie lotion. auf dem markt denken alle, ich bin vietnamesisch. sie fragen: „you vietnam?“ sie sagen, ich sehe aus, wie eine von ihnen. manche sprechen mich sogar direkt auf vietnamesisch an und sind überrascht, dass ich nichts verstehe. an einem marktstand mit lauter buddhafiguren und mobiles sagt mir die verkäuferin, das einzige, was sie auf deutsch kann, ist „langsam, langsam!“. das ist lustig, weil u. mir gestern erzählt hat, dass „langsam, langsam“ die ersten worte waren, die sie auf indonesisch gelernt hat, als sie auf bali gelebt hat. damit sie das zum moped-taxi-fahrer sagen konnte, wenn sie hinten drauf saß. nach dem markt fahre ich in eine andere ecke der stadt, die mir als palmen-grün und urlaubsmäßig mit „bali vibes“ beschrieben wurde. im taxi gucke ich aus dem fenster. am straßenrand verkauft ein mann goldfische. sein motorrad ist voll beladen mit durchsichtigen wassergefüllten tüten, in denen die goldfische schwimmen. ich weiß eigentlich nicht, ob es goldfische sind, aber jedenfalls sehen sie von weitem aus wie typische fische, die man aus einem goldfischglas kennt. unter einer brücke hat sich jemand mit matratze und bunten decken eingerichtet. über seinem gemach hat er ein gelbes poster an der brückensäule geklebt. darauf steht „you can‘t copyright vibe“.

huge pool windows

2023, june 27, berlin

frühmorgens trete ich in die schwimmhalle und die sonne leuchtet so krass durch die fenster von allen seiten rein, dass es so hell ist wie im freibad und so heilige stimmung wie in einer kirche. mittags laufe ich an seerosen vorbei, in der zwischenregensonne. später, im home cinema, füllt mir k. pistazien in eine kokosschale. abends laufen wir an einem regendurchnässten plakatehaufen vorbei, ein matschepampenhaufen und k. fragt mich, ob ich darin jetzt auch kunst sehe. als wir abends nach hause kommen, setzen sich m. und t. vor die dunkelblaue wand und snacken chips, die vor dem dunkelblau fast leuchtend zur geltung kommen.

train to berlin

2023, june 8, frankfurt-berlin

im zug. eine frau im schlabberlook seufzt laut beim hinsetzen. es macht mich glücklich, wenn leute seufzen, wenn sie sich in den sitz fallen lassen. es klingt immer nach einem richtig guten feierabend mit befriedigender erschöpfung in den knochen. eine bockige frau in jeansjacke macht ein nickerchen und es sieht aus als ob sie ihre laune wegnickert. ihre dunkellila sonnenbrille gibt ihrem bockigen gesicht glamour, als ob sie ein star wär, der sich vor tageslicht und menschen schützt. eine andere frau knabbert seit zwei stunden an ihrer brezel; indem sie sie in kleinen häppchen isst, verwandelt sie einen mini-snack in eine richtig lange mahlzeit. zwei frauen tuscheln in der ecke, sie gestehen sich gegenseitig ihre frische liebe für chat gpt, sie senken ihre stimmen so, als ob sie erwarten geshamed zu werden, wie beim flug-shaming.

imagining ocean swimming

2023, may 12, cammeraygal (sydney)

wenn a. übers ocean swimming spricht, habe ich das gefühl, dass ich unweigerlich alles davon auf meiner haut spüre, die kalten nadelstiche, die brennenden muskeln, das krasse salz und diesen unglaublichen awe-striking moment, etwas krasses geschafft zu haben. ich kann den after-swim moment fühlen, in dem die haut allein dadurch wärmer wird, dass sie gerade eiskalt war. die eiseskälte spornt die selbsterhitzung der haut an. die wärme schießt so richtig in die gänsehaut rein und bringt jeden kleinen gänsehautbubbel zum glühen

berowra waters hike

2023, february 19, cammeraygal (sydney)

morgens liege ich im bett und schreibe und durch das fenster knallt es blau rein und der kaffee kriecht heiß in die hintersten ecken meines gaumens. später hocke ich mich am hiking trail hin, breite mein pinkes tunis-tuch aus und mach mir ein quickie-picknick drauf. ich beiße in mein körnerexplosionsbrot, ich sehe die haselnuss im brot, wie sie glatt abgeschnitten ist und professionell aussieht und sich gut einfügt ins körnergeschehen und so richtig spiegelglatt ist da, wo das messer sie halbiert hat. später renne ich in eine höhle mit lauter sandfarbenen linien und streichle sie mit meinen augen und ich trete in die kletterhaken am felsen und z. reicht mir seine hand und zieht mich hoch und ich fühle mich pink und knallblau, weil mein bikini und der himmel mir in die augen leuchten. abends liege ich mit glücklich zerschundenen füßen im bett, den hiking tag in all meinen gliedern, ein lecker fett durchtränkter pizzakarton auf mir drauf, mit einer jalapeno-salami pizza drin, mein bauch ist völlerei-ready. z. macht stretchübungen und auf netflix läuft ne doku über indian americans, die die meister der spelling bees sind.

Katti Jisukmicro-moments